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Test – Freedom Wars

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30.12.2014 – Test

Freedom Wars ist der letzte große Titel Sonys im Jahr 2014. Groß deshalb, weil Sony selbst von einem AAA-Titel spricht. Dank einer Online-Petition zahlreicher PS Vita-Fans gelang dieses Action RPG auch in den Händlerregalen – ansonsten wäre Freedom Wars nur digital erhältlich gewesen. So dürfen wir seit dem 29. Oktober in die große Schlacht um unser Panopticum antreten. Wir sagen euch, Freedom Wars der letzte große Knall des Jahres ist.

Monster Hunter+

Große Monster, schwere Waffen, Kooperativer Multiplayer, Crafting und Customizing. Alles schreit nach einem waschechten Monster Hunter-Gegner aus dem Hause Sony. Davon abheben möchte sich Sony mit einem distopischen Setting, einer epischen Geschichte, unendlich viele Ausrüstungsmöglichkeiten sowie einer taktisch angehauchten Shooter-Spielmechanik. Um wirklich ein ebenbürtiger Gegner des Genre-Primus zu sein, muss

  1. Die Steuerung dank der beiden Analogsticks leicht von der Hand gehen
  2. Die Kämpfe gegen überdimensional große Monster dürfen nicht zu einfach, taktisch reizvoll und abwechslungsreich sein
  3. Die Langzeitmotivation mit dem Crafting-System geben sein.
  4. Grafisch und musikalisch den versprochenen epischen Faktor mitbringen.

Alles weitere lasse ich außen vor, da viele Genre-Vertreter daran bereits gescheitert sind. Möge der Kampf beginnen.

Keine Erinnerung

Die Welt ist nicht mehr wie sie eins war. Die Ressourcen sind knapp, die Bevölkerung explodiert und Mutter Natur wehrt sich gegen die Ausbeutung. Aus diesem Grund sammeln sich die Menschen in autarken Städten, sogenannte Panoptikums und suchen in der rauen Welt gemeinsam gegen die anderen Städte nach wertvollen Ressourcen.
Während eines Kampfes schlägt ihr böse auf und verliert damit eure Erinnerung an euch selber. Im erbitterten Kampf um das Überleben ist der Mensch selber die wichtigste Ressource. Und aus diesem Grund werdet ihr für eure Amnesie hart bestraft: Eine Million Jahre Strafvollzug. Als „Sünder“ gebrandmarkt habt ihr nun zwei Möglichkeiten, weiterzuleben: Entweder ihr setzt die Strafe ab und verkümmert elendig als niedriges Wesen im Panoptikum. Oder ihr kämpft für eure Freiheit, indem ihr euch freiwillig an Einsätzen beteiligt. Ihr zieht also am letzten verbleibenden Strohhalm, um euch und euer Panoptikum zu retten.

Keine Rechte

Das Leben in einem Panoptikum, welches ihr zu Beginn des Spiels auswählen dürft (für Deutschland steht Berlin repräsentativ), ist grausam. Alles ist einer strikten Ordnung unterworfen, die mit tausenden Gesetzen untermauert ist. Jeder Verstoß gegen eines bringt euch zusätzliche Jahre ein. Und das bekommt ihr zu Anfang sofort zu verstehen: Das Laufen in eurer Zelle, verboten. Das Schlafen im Liegen, verboten. Mit anderen Leuten sprechen, verboten. Der einzige Ausweg besteht darin, sich die Rechte mithilfe von Berechtigungspunkten zu kaufen. Diese erhaltet ihr nach jeder bestandenen Mission. Zudem gibt es sogenannte CODE-Ränge, die euren aktuellen Status in der Gesellschaft wiederspiegeln. Je höher desto mehr und exklusivere Rechte stehen euch zu. Diese reichen dann von den Alltags- über Ausrüstungs- bis hin zu Ästhetikberechtigungen, mit denen ihr euer Aussehen verändern dürft. Über 250 solcher Berechtigungen können freigeschalten werden – zum Ende des Spiels hat man gerade einmal die Hälfte. Allein damit ist man also gut beschäftigt.

Schade ist nur, dass dieses interessante Konzept, welches euch direkt zu Anfang des Spiels die Leviten liest, schnell an Reiz verliert, da die wichtigsten Berechtigungen schnell erkauft sind. Dahingehend werden diese im späteren Verlauf nur noch für Ausrüstung – und wer mag – für Aussehen interessant.

Keine Freiheit

Selbstverständlich müssen sämtliche Aktivitäten protokolliert und überwacht werden. Aus diesem Grund folgt euch bei Schritt und Tritt euer Begleiter. Er unterrichtet euch bei Neuigkeiten im Panoptikum, überbringt Nachrichten und ist Schnittstelle zwischen dir und andere Sünder im PSN. Das heißt allerdings auch, dass er euch in den Kämpfen mit gewaltiger Feuerkraft unterstützt. Dadurch seid ihr quasi nie alleine und das ist auch gut so.

Der Krieg

Unter der großen Propaganda „Leiste deinen Beitrag“ begebt ihr euch in den Krieg. Über das Spiel verteilt gibt es drei Missionsarten: Feindliche Sünder eliminieren, Entführer – riesige Maschinen- zu zerstören oder Bürger zu retten. Letzteres geht immer mit Mittlerem einher. Dadurch hat man im Missionsdesign schon wenig Abwechslung. Verstärkt wird dieser Umstand mit den fast immer gleich aussehenden Entführertypen. Der Grundstock ist fast immer gleich nur ausgestattet mit anderen Waffen. Nur zu speziellen Missionen – meist die Prüfung für die nächste CODE-Stufe – werden außergewöhnlichere Maschinen eingesetzt. Ab und zu werdet ihr zudem in den Zellengarten geschickt, bei dem ihr schleichend an Wachen vorbei kommen müsst – eine leicht verzweifelte Tat, um vom Kampfgeschehen abzulenken.

Der Untergang

Rund 20 Stunden werdet ihr beschäftigt sein, die Hauptstory des Spiels zu bewältigen. Anders als das einzigartige Setting in einer dystopischen Welt hat diese wenige Höhepunkte. Der Anfang ist sehr zäh, da ihr hier sehr oft von A nach B und C und wieder zurück nach A laufen müsst, um mit verschiedenen Personen zu sprechen. Glücklicherweise erhaltet ihr die Berechtigung zum Teleportieren, sodass ihr nicht mehr ganz so verzweifelt durch das Panoptikum lauft. Nach einer relativ langen, aber oft nichtssagenden Einleitung in die Vergangenheit bekommt ihr erst ab Mitte des Spiels ein echtes Gefühl für die Geschichte. Leider enttäuscht das Ende von Freedom Wars auf ganzer Linie und bietet insgesamt zu wenig Raum für eine richtige Identifikation mit den Charakteren. Euer Erzfeind zum Beispiel begegnet ihr erst im letzten Drittel des Spiels und dann nur noch im Endkampf. Dafür, dass Sony hier eine epische Geschichte versprochen hat, wirkt vieles unfertig.

Niemals allein

Vor jeder Mission dürft ihr euch auf den bevorstehenden Kampf vorbereiten. Das heißt konkret die Ausrüstung von euch und von eurem Begleiter überprüfen sowie weitere Mitstreiter bestimmen. Bis zu drei weitere Personen samt Begleiter dürfen euch nämlich begleiten, sodass ihr zu Acht auf dem Schlachtfeld steht. Die Steuerung ist eine Mischung aus Third Person Shooter und dem altbekannten Action-RPG. Grund hierfür sind die Waffentypen, die euch zur Verfügung stehen. Einmal die normalen Handwaffen wie Langschwert, Hammer oder Stange und einmal Schusswaffen wie Schrotflinte, SMG und Raketenwerfer. Zwei Waffen dürfen auf einmal getragen werden, sodass ihr theoretisch beide Angriffstypen bedienen könnt. Die Schusswaffen lassen sich normal abfeuern. Mit der linken Schultertaste wird gezielt. Zudem wird Munition gebraucht, die ihr auf dem Spielfeld aufsammeln oder mitnehmen könnt. Die Nahkampfwaffen besitzen dagegen einen leichten und schweren Angriff. Eine wichtige Rolle im Spiel trägt euer Dorn. Mit diesem könnt ihr schnell von Ort zu Ort huschen, an Wänden klettern, Munitionskisten aufheben, eure Mitstreiter wiederbeleben oder – und das ist das Wichtige – eure Feinde schwächen. Dies geschieht entweder dadurch, dass ihr ihn mittels eines kleinen Knopf-Gehämmere für kurze Zeit zu Boden ringt oder euch an verschiedene Teile der Maschine hechtet, um diese im gleichen Elan von ihm zu trennen. Letzteres hat jedoch den Vorteil, dass ihr zudem wichtige Ressourcen sammelt, die ihr für eure Ausrüstung benötigt. Dazu aber später mehr. Mit den drei weiteren Mitstreitern erhält das Spiel dadurch eine sehr taktische Tiefe, denn je nach Waffen-, Spieler- und Missionstyp ist die Vorgehensweise anders. Fünf verschiedene Steuerungstypen werden geboten, die die verschiedenen Spielstile adressiert – die Standard-Steuerung war für mich jedoch absolut nicht intuitiv und unbrauchbar. Grausam ist jedoch die automatische Kameraführung vor allem bei der Zielerfassung bei Nahkampfwaffen. Völlig verkrampft wird versucht, die einzelnen Elemente der Maschine im Blick zu haben ohne ein Gefühl für das Schlachtfeld zu bekommen. Daher bleibt einem nichts anderes übrig als die manuelle.

Echte Mitstreiter gesucht

Der Schwierigkeitsgrad richtet sich nach der Anzahl der Mitstreiter die man wählt. Ist man zu Acht unterwegs gestalten sich die Missionen deutlich einfacher als alleine. Anfangs ist dieser dadurch etwas niedrig gehalten, wird aber zur Eingewöhnung unbedingt benötigt. Im späteren Verlauf steigt dieser deutlich an und hat früh erste Ausreißer, bei dem es nur allzu knapp ausgeht – auch mit den anderen Begleitern. Die wirklichen Kracher erwarten euch in den Spezialmissionen, die ihr am besten nicht mit der etwas dämlichen KI angehen solltet. Über euren Begleiter könnt ihr sogenannte Kooperationen anfordern. Hierbei sucht ihr entweder nach einem Raum oder erstellt einfach einen, den man nach Panoptikum sowie CODE-Rang einschränken kann. In der Lobby könnt ihr dann eure Strafregister austauschen oder mit Emoticons um euch werfen. Allgemein ist der Multiplayer sehr gut besucht und ermöglicht einen schnellen Spieleinstieg. Gott sei Dank. Wer mag kann zudem für sein Panoptikum auf Punktejagd gehen. In Duell-Einsätzen bzw. PVP Spielen tretet ihr gegen andere Mitspieler an und kämpft um Punkte für eure Stadt. Diese werden von allen Spielern in einer Rangliste gesammelt, die man in der Lobby zu jeder Zeit auf einem riesigen Bildschirm sieht. Als Spielmodi müssen die Klassiker Capture the Flag sowie King oft he Hill herhalten, wobei die Flaggen Bürger sind, die zu eurer Basis getragen werden müssen. Hier messen sich allerdings nur absolute Profis mit starken Waffen; Anfänger haben hier nichts verloren.

Die Fabrik

Bei jeder Mission sammelt ihr diverse Ressourcen ein, die entweder auf dem Spielfeld liegen oder von euren Gegnern hinterlassen werden. Mit diesen lassen sich mithilfe von Fabriken Ausrüstungen und Hilfsmittel wie Munition oder Erste-Hilfe-Pakete herstellen oder eure bestehenden Waffen verbessern und umbauen. Die Ausrüstungsmöglichkeiten sind dabei schier unbegrenzt: Feinde lassen zufallsgenerierte Waffen fallen, die ihr entweder selber benutzen oder mit eurer eigenen Waffe kombinieren könnt. Dadurch erhalten die Waffen verschiedene Fähigkeiten wie Reichweite, mehr Schaden oder ein Zielfernrohr. Da es auch negative Elemente gibt, ist nicht jede Waffe brauchbar und kann daher für das Allgemeinwohl gespendet werden, um weiteren Erlass auf seine Strafe zu erhalten. Neben dem eigentlichen Kämpfen verbringt man mit der Suche der ultimativen Waffe die meiste Zeit: Wie verhält sich die Seltenheit mit der Stufe? Um wie viele Prozentpunkte steigt der Schaden bei einer weiteren Stufe? Welche Fähigkeiten können gekoppelt werden? Es ist ein großes Experimentieren und gleichzeitig Sammeln. Viele Teile für ein Upgrade lassen sich nur von bestimmten Monstertypen ergattern, weshalb man oft die gleichen Missionen spielt. Schade ist nur, dass man nicht sofort weiß, welche Ressourcen in welcher Mission vorhanden sind. Erst ein Blick in die Infos gewährt einen Einblick in die möglichen Materialien. Hinzu kommt, dass man für jede Aktion in der Fabrik, die man auf einem speziellen Feld anbauen muss, reale Zeit braucht. Mal sind es nur fünf Minuten, mal aber auch 45. Zum Glück kann man dazu seine PS Vita einfach beiseitelegen, da die Zeit auch im Standby abläuft.

Die Dystopie

Wie bereits beschrieben finden die Geschehnisse in einer postapokalyptischen, futuristischen Dystopie statt. Das Setting ist einmalig auf der PS Vita und wird mit viel Liebe zum Detail präsentiert. Sei es durch die CODE-Hierarchie, die vielen Gespräche mit den NPCs, der eigenen Zelle samt Begleiter oder die Levels allgemein: Eine zerstörte Stadt mit verlassenen Hochhäusern, ein Schiff in der Wüste, die Kanalisation oder eine Industrieanlage. Auch wenn die Anzahl der Level für die Zahl der zu erledigenden Missionen abwechslungsarm ist, bringen diese viel Atmosphäre mit. Dabei vertraut Freedom Wars auf die Cel-Shading-Grafik, die mit feinen Umrissen bei den Texturen für ein tolles Grafikerlebnis hinter der PS Vita sorgt. Ein besonderes Schmankerl sind die CGI-Szenen, die zwar nicht ganz an Branchenprimus Square Enix heran kommen, aber eben aufgrund dieser tollen Grafik sehr gut zur Geltung kommen. Aufgrund der etwas dünnen Story kommen diese jedoch viel zu kurz. Mit dem Soundtrack geht man in die gleiche Richtung. Rockige Gitarrengriffe, fetzige Elektrobeats oder episches Orchester haben für jeden Musikgeschmack etwas dabei. Das Gute: Die Kampfmusik kann jeder frei auswählen! Leider sind die Stimmen auf Japanisch gehalten, sodass die deutschen Texte ausreichen müssen.

Fazit: Freedom Wars macht vieles richtig: Das Setting ist einmalig und fesselnd, das Crafting-System ausgeklügelt und die Spielmechanik mit seinen Waffentypen und den acht Spielern variabel sowie taktisch tief. Auf der anderen Seite stehen die etwas misslungene und zum Ende hin wirklich enttäuschende Geschichte, das monotone Aussehen der Gegner sowie die etwas skurrile Kameraführung. Der PVP-Modus ist nett, findet bei der Übermacht der sich darin tummelnden Leute allerdings schnell an Bedeutung.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten hinsichtlich Steuerung und Ausrüstung bin ich mit dem Spielerlebnis völlig zufrieden. Es wird viel Inhalt geboten, die für viele Stunden motivieren wird, der Multiplayer ist sehr gut besucht und auch die Aufmachung ist gelungen. Meine Erwartungen hat es deshalb gerade noch so erfüllt. Es ist ein gutes, aber bei weitem kein sehr gutes Spiel. Dafür haben wir eine tolle Action-RPG-Alternative mit einzigartigem Setting, zu dem Genre-Fans getrost zugreifen können.

Lars Leidenschaftlicher Gamer, Ehemann und IT-Berater. Liebt seine PS Vita, seinen Hund und Wordpress. Seit 2011 Redakteur und seit 2013 Administrator und Webmaster von yourPSVita.
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