Test – Operation Abyss: New Tokyo Legacy
Unser erster Eindruck war
Unsere Bewertung
02.07.2015 – Test
Experience Inc. bringen als Entwickler vom sehr erfolgreichen Dungeon Crawler „Demon Gaze“ einen weiteren Ableger des Genres auf die PS Vita. Zusammen mit NIS America haben sie den Titel Operation Abyss: New Tokyo Legacy exklusiv für unseren Handheld am 05. Juni veröffentlicht. Wie ich die erste Zeit des Spiels erlebt habe, erfahrt ihr hier in der Vorschau.
Classic oder Basic?
Nach etwas mehr als eineinhalb Stunden bin ich wohl mit dem Tutorial weitestgehend durch und kann euch von meiner Erfahrung berichten. Davor noch ein kleiner Einschub zu der Wahl nach klassischem oder dem Basis-Modus. Je nachdem welchen Modus ihr wählt, könnt ihr eure sechs Charaktere kreieren oder werdet mit sechs von ihnen ausgestattet. Wer Demon Gaze oder vergleichbare Dungeon Crawler gespielt hat, dem ist die Charakterkreation wohl bekannt. Man kann aus verschiedenen vorgegebenen Charakterfiguren wählen, die aber in der Dungeon oder dem Kampf nicht zu sehen sind. Die Charakterkreation basiert nicht auf unterschiedlichen Rassen, sondern Charaktereigenschaften, die die Statuswerte betreffen und die grundlegende moralische Ausrichtung. Letzteres entscheidet dann, welches „Blood“ ihr wählen könnt. Das bezeichnet die Geister von legendären Figuren, derer Macht ihr euch im Spiel bedient.
Entführt, Gerettet und Entlassen?
Operation Abyss fängt seine Geschichte deutlich anders an, als andere Dungeon Crawler. Statt euch einen Hauptcharakter vorzustellen, landet ihr schon bald in der Zentrale einer Geheimorganisation, die sogenannte Variants bekämpft. Variants sind zombieartige Wesen, die vollkommen immun gegen herkömmliche Waffen sind und Menschen entführen und töten. Daher hat die japanische Regierung eine Schule als Tarnung für die Organisation errichtet, um geeignete Kandidaten für den Kampf gegen Variants zu finden. Auch andere paranormale Aktivitäten sind dem Spiel nichts unbekanntes. In den Dungeons werdet ihr auf Geister treffen, die euch mit Items versorgen. Der Fokuspunkt des Spiels liegt definitiv auf der gesamten Einheit und nicht einem Hauptcharakter. Das ist weitaus realistischer, auch wenn so den Charakteren selbst eine enge Persönlichkeit fehlt, dafür könnt ihr sie euch komplett selbst aussuchen und es gibt keinerlei Vorgaben zu eurem Charakter. Bisher weiß ich noch nicht wirklich wohin die Geschichte führt, aber trotz des klischeehaften Anfangs, scheint das Spiel noch einige interessante Wendungen auf Lager zu haben. Zwar ist der Anfang sehr überfüllt mit Informationen und neuen Charakteren, so dass ich nur schwerlich mitkommen konnte. Wenn ich mir aber vorstelle, als Teil der sechs neuen Organisationsmitglieder dort zu stehen, kann ich den Informationsüberfluss verstehen. Die wichtigsten Elemente werden euch auch häufig genug begegnen, dass ihr sie sehr gut verinnerlichen könnt.
Standard mit Verbesserungen und Veränderungen
Wer Dungeon Crawler kennt, dem dürfte auch das Kampfsystem bekannt sein. Operation Abyss hat ebenfalls ein Kampfsystem mit unterschiedlichen Reihen, die die Angriffsreichweite bestimmen. Ihr könnt zwischen verschiedenen Aktionen wählen und so offensiv oder defensiv agieren. Statt einzelne Gegner anzugreifen, greift ihr die einzelnen Gruppen an. Das nimmt deutlich taktischen Wert aus den Kämpfen, verlangt aber mehr Vorbereitung und ein planvolleres Vorgehen im Kampf, denn Mitglieder einer Reihe werden zufällig angegriffen. Das hat seine eigenen taktischen Elemente, aber macht auch Grinding erforderlich. Wer Grinding hasst, der wird sich wohl selten bei Dungeon Crawlern heimisch fühlen. Mir persönlich gefällt das Kampfsystem und die Möglichkeit verschiedene Klassen zu beauftragen und durch ihre Statuswerte in unterschiedliche Rollen zu verfrachten. Auch wenn ein Magier kein großer Tank werden kann, so ist es dennoch möglich ihn etwas robuster auszurichten. Das bietet wieder interessante Optionen und Möglichkeiten seinen Charakter weiter zu personalisieren. Ich denke, dass die Unityleiste auch noch einen Effekt haben wird, aber das Spiel sagt mir bisher nicht.
Etwas eintönig aber realistisch
Der wichtigste Aspekt, neben dem Kampfsystem, ist das Dungeonsystem. Bisher habe ich nicht viele Dungeons gesehen, an und für sich sogar nur zwei. Aber eins ist schon auffällig, auch wenn die Variants den Ort beeinflussen, so bleibt doch seine ursprüngliche Form erhalten. Das bedeutet die verschiedenen Dungeons sind den Orten nachempfunden, in denen sich die Parallelsphären gebildet haben. Das führt dazu, dass die beiden Orte an denen ich war, ziemlich ähnlich waren und das Design der Dungeons wenig abwechslungsreich wirkt. Gleiches kann ich bisher von den Gegnern sagen, wobei bei beiden wohl noch auf den weiteren Verlauf der Geschichte abzustellen ist. Wie bei Demon Gaze könnt ihr Nachrichten für andere Spieler hinterlassen und solche lesen. Zu meiner Freude sind diese weniger nervig, als in Demon Gaze. Zur realen Stadtumgebung passt die einfache und gleichbleibende Darstellung definitiv. Ob sie auf Dauer nicht störend ist, kommt darauf an wie viele unterschiedliche Designs es noch geben wird. Was mir wiederum sehr gut gefällt sind die verschiedenen Fallen, Transportmethoden und versteckte Türen. Dadurch gibt es verschiedenste Optionen, verwirrende Leveldesigns zu machen, was zumindest in meiner aktuellen Mission mehr als nur gut gelungen ist. Ich bin gespannt wie lange ich in diesem und anderen Labyrinthen noch herumirren werde.
Interessantes Design aber monotoner Sound
Entgegen meiner Beschreibung der bisherigen Dungeonsdesign ist Operation Abyss grafisch wirklich sehr gelungen. Die Texturen der Kämpfer und Monster wurden mit viel Detailliebe gestaltet. Auch in der Farbvariationen bei der Charaktererstellung wurde viel Wert auf den Gegensatz zwischen normalen Schulleben und der parallelen Welt mit Monstern und dem Kampf des Xth-Squad gelegt. Daher findet ihr auch die einen oder anderen „normalen“ Schulcharaktere, die mehr oder weniger vermuten, dass etwas mit eurem Squad nicht stimmt. Auch die Hintergründe und die Dungeons selbst wurden schön gestaltet. Während der Vordergrund in 2D gestaltet ist, zeigt sich der Hintergrund in 2,5D und wirkt dabei sogar gezeichnet. Gerade wegen dieser schönen Darstellung hat mich das herumirren überhaupt nicht gestört. Auch musikalisch wird der angesprochene Kontrast aufrecht erhalten. Bisher muss ich aber sagen, dass innerhalb der Dungeons nur wenig unterschiedliche Musikstücke verfügbar sind. Im Laufe der ersten größeren Mission, habe ich also bereits mehrfach dieselben Musikstücke gehört.
Bisher ist Operation Abyss ein interessanter Titel. Er zeigt sehr gute Ansätze und grenzt sich auch von seinem „Vorgänger“ Demon Gaze ab. Das Spielsystem verlangt mehr Management vor den Kämpfen, als in den Kämpfen und hat mich so das eine oder andere Mal aufs Glatteis geführt. Mit dem Tod als Belohnung für die Niederlage bin ich gespannt in welche Richtung das Spiel sich entwickelt. Es hat das Potenzial ein sehr guter Vertreter seiner Art zu werden.
Am Ende der Schlacht
Mein Squad hat seine Arbeit nun nach ca. 44 Stunden beendet. Spielt ihr selbst, werdet ihr auch zwischen 40 und 45 Stunden benötigen. Abhängig wie viel ihr grindet und euch verlauft. Letzteres habe ich recht häufig geschafft. Aber nun schauen wir, wie sich meine Spielerfahrung entwickelt hat.
Blood Rising
Große Ausführungen zur Geschichte brauche ich an diesem Punkt nicht mehr machen. Die klassische Geschichte wird im Laufe doch durch einige interessante Charaktere und düstere Stimmung aufgepeppt. Ehrlich gesagt, fand ich die Geschichte sogar teilweise unangenehm realistisch und die Anmerkung zu Beginn, dass alle Charaktere und Ereignisse fiktional sind, macht es nicht besser. Aber ich kann eine meiner Fragen beantworten. Nämlich die nach der Möglichkeiten Klasse freizuschalten. Neben den Startcodes schaltet ihr noch zwei weitere Blood Codes frei. Mit den beiden zusätzlichen Klassen bietet das Spiel einiges an taktischen Möglichkeiten und ich musste mehrfach überlegen, ob ich meinen Squad nicht umstellen sollte und neue Charaktere trainieren. Schlussendlich bin ich aber bei meiner Startruppe geblieben und wir haben es gemeinsam geschafft. Wobei dieser Satz nur halb stimmt, weil ich herausgefunden hatte, dass man die Codes sehr gut kombinieren kann, um eine Form von eigenen Klassen zu entwickeln, die sehr flexibel sein können. Dazu muss man einfach nur im Hauptquartier den Blood Code wechseln und den Charakter neu trainieren.
Teamwork!
Zuletzt war mir auch der Unitywert mehr als rätselhaft, was sich recht schnell nach meiner Vorschau erledigt hatte. Mit etwas mehr Experimentierfreude im Kampfbildschirm, wäre ich wohl schneller hinter das Geheimnis gekommen. Mit Unity könnte ihr spezielle Fähigkeiten aktivieren, die euch Vorteile verschaffen, z.B. einen starken Angriff auf die vorderste Gruppe, ein Schild gegen Magie oder eine hundertprozentige Fluchtchance aus Zufallskämpfen. Durch dauernde Benutzung steigt der Gesamtwert und ihr erhaltet mehr Fähigkeiten. Der Einsatz dieser Mechanik hat dem Spiel noch mehr strategische Optionen gegeben, als ich noch zu Beginn vermutet habe. Der Unitywert baut sich nämlich nur im Kampf gegen Variants oder durch das Erledigen von Quests auf. Eine Verwendung will also gut überlegt sein. Ich halte diesen Unitywert für sehr gut, weil er eine realistische Form von Teamarbeit darstellt. Je intensiver und länger die Truppe zusammenarbeitet, desto besser wird ihre gemeinsame Arbeit. Das Kampfsystem bleibt dabei aber etwas zufällig, aber solltet ihr gerne in den Dungeons nach einer Quest bleiben, um die Karte zu erforschen, den gesuchten Variant zu töten oder einfach das angefangene Level zu Ende zu gründen, kommt ihr normalerweise problemlos durch das Spiel.
Dungeon-Spezial
An dieser Stelle kann ich versichern, dass das es ein Vorteil ist, Demon Gaze vor diesem Spiel gespielt zu haben. Nicht dass es für die Geschichte oder die Spielbarkeit notwendig gewesen wäre, aber es hat mich sehr gut auf Tokyo Abyss vorbereitet. Während geheime Gänge in Demon Gaze erst spät relevant wurden, so sind sie schon relativ früh im Abyss von Bedeutung. Insbesondere, wenn dann noch die aus Dungeon Crawlern altbekannten Drehfallen auf einen warten. Das wäre kein Problem, wenn das Spiel nicht genaue Zielvorgaben hat. Das bedeutet, ihr erhaltet nur eine generelle Position z.B. Stockwerk 2 und dann müsstet ihr den relevanten Ort selbst suchen. Normalerweise stört mich das nicht, aber wenn man dann noch Teleporterrätsel und geheime Türen finden muss, kann das einiges an Nerven kosten. Es ist das einzige, was mich etwas stört, aber gleichzeitig muss ich nur selten noch zusätzlich trainieren.
Dauerkampf
Die interessanteste Funktion in den Leveln ist der Gefahrmeter. Dieser zeigt euch das Bedrohungspotential an. Je mehr Kämpfe ihr absolviert, desto eher füllt sich der Balken und desto bedrohlicher die Kämpfe. Nicht das viele neue Gegner erscheinen würden, aber viele Gegner ist das richtige Stichwort. Nach einem Kampf können nämlich weitere Gegner folgen, ohne dass euch eine Pause gegönnt wird. Der absolute Schrecken ist mir einmal begegnet, als beim dritten Folgekampf ein gesuchter Variant aufgetaucht ist. Diese starken Monster bringen euch beim ersten Sieg ein bisschen GP, die Spielwährung, ein. Wenn wir gerade bei Gegnern sind: Ich hatte befürchtet, dass es nur wenig unterschiedliche Monster gibt. Das ist auch mehr oder weniger richtig. Jedes Dungeon hat zwar eigene Monster, aber es rennen auch sehr viele von den Standardmonstern herum. Das ist einerseits etwas schade, andererseits auch sehr gut umgesetzt, weil diese Standardfehler erst zum Ende hin seltener werden und so ein guter Anhaltspunkt für das notwendige Level bleiben. Wem der erste Teil des Spiels zu einfach war, der kann sich aber freuen, weil im zweiten Teil des Spiels deutlich mehr und stärkere Gegner sich auf den Squad stürzen.
Von Realismus zum Impressionismus
Meine letzte übrig gebliebene Frage betraf die Art und Weiße der Dungeondarstellung. Nachdem ich noch einige weitere Dungeons gesehen habe, bleibe ich doch lieber bei den schönen realistischen Darstellungen. Im späteren Spielverlauf betretet ihr noch sehr merkwürdige Dungeons, die mit der Realität nur noch wenig zu tun haben. Das scheint mir sowieso das Thema des Spiels zu sein. Zwischendurch werden eure Aktivitäten immer durch den mehr oder weniger „normalen“ Alltag eingeholt. Dieser Bruch der Realität passt auch insgesamt zum Design des Spiels und gefällt mir persönlich sehr gut. Innerhalb eines Stockwerks verändert sich immer noch nicht viel, aber durch die neuen Dungeons stört das eigentlich weniger.
Fazit: Mir hat Tokyo Abyss sehr gut gefallen. Von Anfang an hat mich das Spiel mit den typischen Stärken eines Dungeon Crawlern begeistert, aber auch von Beginn an eigene Akzente gesetzt. Insbesondere das Kampfsystem mit den Zufallselementen und dem vielfältigen Optionen hat es mir angetan. Das zu Beginn dünn wirkende Klassensystem hat mich dabei am meisten überrascht, weil ich mit einiger Arbeit und etwas herum probieren interessante und einzigartige Klassen herstellen konnte. Aber auch die strategischen Komponenten durch aufrüstbare Ausrüstung und dem Unitywert haben sich erst im Laufe der Zeit ergeben. Diese Steigerung im Gameplay zieht sich durch eigentlich alle Bereiche des Spiels und ist meines Erachtens schön mit der Spannungskurve der Geschichte verbunden. Grafisch blieb das Spiel prinzipiell bei der bereits früh festgestellten Einfarbigkeit, hat dann aber mit auffälligen und noch komplexeren Dungeons aufgewertet. Auch hier hat der Schwierigkeitsgrad seinen Tribut gefordert und orientierungslose Menschen wie ich, werden sich sicherlich das eine oder andere Mal verlaufen.
Tokyo Abyss ist für Fans von Dungeon Crawlern ein sehr guter Einkauf, aber auch alle Fans von Rollenspielen können einen genaueren Blick auf das Spiel werfen.