Test – The Walking Dead
05.10.2013 Test
Robert Kirkman ist seit 2003 für seine Comicbücher „The Walking Dead” bekannt. Spätestens mit der gleichnamigen Fernsehserie, die ab 2010 ausgestrahlt wurde, weiß jedermann über diesen Namen Bescheid. Kein Wunder, dass 2012 dann vom Entwicklerstudio Telltale Games ein Videospiel in diesem Franchise entwickelt wurde. Mit Lob und Auszeichnungen für ihr Point-and-Click Adventure überhäuft, kündigte man Anfang des Jahres auch eine PS Vita Version an. Seit dem 04. September ist diese nun für 19,99 Euro erhältlich und enthält sämtliche Episoden sowie den vor kurzen erst erschienenen DLC. Wir haben der Zombie-Apokalypse in die Augen geschaut und sagen euch, warum das 2,2GB-Paket so erfolgreich ist.
Die Welt in Chaos
The Walking Dead ist aufgeteilt in fünf verschiedenen Episoden, die allesamt aufeinander aufbauen. Ihr schlüpft dabei in die Rolle eines Universitätsprofessors namens Lee Everett, welcher aufgrund eines Verbrechens zu Beginn des Spieles in einem Polizei-Auto zu einem Gefängnis gebracht wird. Nach einem Unfall mit einem Menschen konntet ihr aus dem Wrack fliehen, werdet jedoch Zeuge eines Überfalles der sogenannten „Beißer“. In einem fremden Haus Schutz suchend begegnet ihr die achtjährige Clementine, die das ausgebrochene Chaos auf ihrem Baumhaus überlebt und auf ihre Eltern wartet. Fortan kümmerst du dich um sie und versuchst, sie vor dem Bösem da draußen zu beschützen. Auf der Suche nach Schutz und Geborgenheit besucht ihr verschiedene Orte und lernt viele, verschiedene Charaktere kennen.
Eine Geschichte mit Spiel
Das Spiel selbst ist weniger ein Spiel sondern eher eine erzählende Geschichte, die der Spieler in bestimmte Richtungen lenken kann. Deshalb gibt es auch kaum echte Interaktionen mit der Hauptfigur; hier und da könnt ihr euer Umfeld absuchen, kleinere Rätsel lösen und mit Leuten sprechen. Vor allem letzteres ist wichtig, um die Hintergründe sowie die Einstellung der einzelnen Personen zu erfahren. Auch Quick-Time-Events sind vorhanden, in der ihr meist durch schnelles Tippen auf dem Touchscreen einer Gefahr entkommt. Wirklich entscheidend sind die aus der Handlung entspringenden Gespräche, Streits oder eure eigenes Verhalten. Ihr steht als Anführer eurer Gruppe vor der Wahl, vor welche Person du dich stellen möchtest, wem du Recht gibst und was die Gruppe als nächstes Macht. Und auch so manche Entscheidung über Leben und Tod muss gefällt werden. Den Ablauf der Geschichte könnt ihr zwar nicht verändern, darum geht es hier aber auch nicht. Der Fokus liegt hier im Miteinander, dem Überleben in einer Apokalypse und den Spieler vor die Wahl zu stellen, wie er in so einer Situation reagieren würde – in Echtzeit mit all seinen Konsequenzen. Es ist ein Spiel, welches sich voll und ganz auf das menschliche Wesen konzentriert, mit dem eigenen Gewissen und Gefühlen spielt.
Die Story selbst ist überragend aufgebaut. Sie ist gespickt mit zahlreichen Erlebnissen und Wendungen, die das eine oder andere Mal den eigenen Atem Still stehen lässt. Und wo ihr des Öfteren euch selbst die Frage stellt, ob es nicht auch hätte anders kommen können. Als Vaterfigur für die kleine Clementine und Anführer der Gruppe identifiziert man sich schnell mit dem Protagonisten. Die eigene Entscheidung basiert dabei stets auf das eigene Empfinden der jeweiligen Personen: Mag ich ihn? Und wenn ja, warum? Passt mir seine Art und Weise, mit Menschen umzugehen? Was soll ich von seinem Verhalten denken? Alles aus dem Spiel fließt hinein – ob bewusst oder unbewusst. Am Ende jeder Episode gibt es dann eine Statistik, die dich über die Entscheidungen anderer Spieler aufklärt und zeigt, ob du mit der Masse gehst oder eine eigene Denkweise besitzt. Möchte man dann doch einmal eine Tat rückgängig machen, kann man das über den Menüpunkt „Rücklauf“. Seid jedoch gewarnt, dass ihr dann sämtlichen Spielfortschritt verliert! Mit über 12 Stunden Spielzeit wird euch zudem einiges geboten.
Ein Comic mit technischen Patzern
Leider gehört The Walking Dead auf der PS Vita zu den misslungenen Ports. Etliche Nachladeruckler und lange Ladezeiten stören den Spielfluss sehr. Auch der Übergang zwischen Filmsequenz und Spiel ist nicht sauber. Grafisch präsentiert sich das Point-and-Click-Adventure im Cel Shading-Format: Überwiegend in Pastellfarben gehalten wurde der Comic-Look beibehalten. Der Detailgrad ist dabei recht hoch, sodass eine realitätsnahe Umgebung geschaffen wird, wenn auch die Objekte etwas zu kantig wirken. Die Charakter-Darstellung ist gelungen, die Mimik wird in einer etwas übertriebenen Art gut festgehalten und lässt eindeutige Rückschlüsse auf die Gefühlslage der Personen schließen.
Ein absolutes Highlight ist der Sound. Das Spiel kommt mit einer englischen Sprachausgabe daher, die von einem deutschen Untertitel begleitet wird und sehr gut ist! Die englischen Synchronsprecher machen einen super Job und lassen insbesondere die Hauptcharaktere sehr authentisch wirken. Auch der Soundtrack unterstreicht die wechselnden, melancholischen Gefühle, auch wenn der etwas repetitiv wirkt.
400 Days
Zusätzlich zu den fünf Episoden spendiert Telltale Games den vor kurzem erst erschienen DLC 400 Days. Hier spielt ihr fünf verschiedene Geschichten von fünf verschiedenen Charakteren, die alle um die 15 Minuten lang sind und parallel zur eigentlichen Hauptstory ablaufen. Auch hier versucht man in den Kurzgeschichten, mit Gesprächen und Entscheidungen an den Hauptteil anzuknüpfen. Leider sind diese aufgrund ihrer Länge qualitativ nicht so gut, der Spieler wird nicht so sehr emotionalisiert wie im Hauptteil. Trotzdem ist es eine nette Dreingabe, die die Zombie-Apokalypse von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet.
Fazit: The Walking Dead hat mich umgehauen. Die TV-Serie im Spieleformat ist fantastisch und findet ihre Highlights in dem emotionalen und sensiblen Umgang mit seinen Mitmenschen sowie der ausgezeichneten Synchro. Während des Spielens wurde mir klar, weshalb dieser Titel so viele Preise gewonnen hat. In keinem anderen Spiel sind Handlung und Konsequenz so arg verknüpft. Leider wird das Gesamtbild sehr von der schlechten Portierung getrübt. Nichtsdestotrotz gewöhnt man sich an diesen Umstand, sodass man dieses Erlebnis einfach nur genießen kann.
Kaufempehlung für jeden, der die Story eines Spiels zu schätzen weiß!