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Test – Lost Dimension

Test – Lost Dimension

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Positiv
78% - 88%

Unser erster Eindruck war

Unsere Bewertung

02.09.2015 – Test

Das am 28.08. erscheinende Lost Dimension verkleidet sich als einfaches Rollenspiel, mit etwas quirligen Charakteren und dem Klischeeplan eines jeden Bösewichts. Als hätte sich Lancrese den Verrat zur Hauptaufgabe gemacht, verbirgt sich dahinter aber doch etwas mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Ob unter der Maske von NIS America’s neustem Retailtitel ein Freund oder Feind steckt, erfahrt ihr in unserem Test.

Am Ende der Welt

Die Geschichte von Lost Dimension wartet definitiv nicht, um euch Druck zu verschaffen. Gleich zu Beginn erfahrt ihr von der Bedrohung durch den Terroristen The End, der nun in einem Turm auf ausgesuchte Kämpfer wartet. Nachdem sich die SEALED-Mitglieder eingefunden haben, stellt er sich sogar persönlich vor und erläutert Teile seines Plans. Meiner Meinung nach, möchte er, dass das Team das oberste Stockwerk des Turms erreicht, um gegen ihn anzutreten. Warum er daran Interesse zeigt, ist mir aber nicht klar. Vielleicht ergibt sich mehr, wenn ich weitere Stockwerke geschafft habe. Auch die Dialoge der Charaktere enthüllen immer einen kleinen Teil der Geschichte. Wer bereits früh aufpasst, der kann schon einige merkwürdige Feststellungen machen, die ich hier nicht erwähnen möchte.

Teamarbeit mit Hintergedanken

Euer Team besteht aus Mitgliedern. Jeder von ihnen hat eine besondere Fähigkeit namens „Gift“. Darunter fallen Pyrokinese, Kontrolle über Magnetismus, Levitation und einige mehr. Euer Hauptcharakter Sho beherrscht das Gift „Vision“. Mit diesem kann er die Gedanken seiner Teammitglieder lesen. Wären die Gegner nicht irgendwelche Strukturen, die keine eigenen Gedanken hätten, wären wohl auch deren Gedanken einsehbar.

Das Spiel kennt drei unterschiedliche Areale. Einer sicheren Lobby, dem Tor zu den Kampfgebieten und der Judgement Room. Erst nach Abschluss aller Hauptmissionen für ein Stockwerk könnt ihr den Judgement Room betreten. Zu diesem aber später mehr. Nach Auswahl einer Mission könnt ihr das zuständige Personal auswählen und sie auf einer der vorgegebenen Positionen verteilen. Keine Sorge, denn auch nicht am Kampf beteiligte Charaktere erhalten Erfahrungspunkte. Dennoch empfiehlt es sich, regelmäßig eure Kämpfer auszutauschen, denn nur so könnt ihr die möglichen Verräter entdecken. Im Kampf könnt ihr entweder mit eurer Waffe angreifen oder eure Fähigkeiten einsetzen. Wichtig beim Vorgehen im Kampf ist, dass ihr nur als Team bestehen könnt. Greift ihr einen Gegner an, der in der Angriffsreichweite eines weiteren Teammitglieds ist, so unterstützt dieses den Angriff und ihr teilt mehr Schaden aus. Auch Gegner profitieren von einem solchen Vorgehen. Nur wenn ihr eure Fähigkeiten und Teamangriffe gut verknüpft, könnt ihr die teilweise recht großen Gegner besiegen. Nicht nur die Gegner und euer Team beeinflussen das Kampfergebnis, sondern auch das Verhältnis eurer Charaktere untereinander und die Umgebung. Die Kämpfe finden in unterschiedlichen Gebieten statt, die mal Deckung durch Wände, Sackgassen, Barrieren durch Erhöhungen oder verschlossene Türen bieten. Jedes Objekt hat für euch Vor- und Nachteile. So kann euer Teleporter einfach durch verschlossene Türen gehen, während die Fähigkeit Levitation euch erlaubt einfach auf Erhöhungen zu schweben. Alles strategische Vorgehen hilft nichts, wenn eure Charaktere sich nicht vertrauen. Aufgrund der Verräterproblematik unterstützen sich Charaktere nicht, wenn sie sich nicht mögen. Je mehr Missionen Charaktere gemeinsam machen und je mehr sie sich unterstützen, desto eher helfen sie sich im Kampf. Das Kampfsystem ist überraschend übersichtlich, trotz seiner vielfältigen Möglichkeiten. Trotzdem ist das Spiel auch für erfahrene Strategen immer wieder eine Herausforderung, weil die unterschiedlichen Missionen und Gegner euch vor einige Probleme stellen können. Darunter fallen starke Kampfroboter mit Flächenangriffen, ungünstige Positionen eurer Truppe oder einfach nur viele Fernkämpfer. Es macht sehr viel Spaß mit den vielen Teammitgliedern herumzuexperimentieren, aber der Hauptgrund für das ständige Wechseln ist der Verräter.

Judgement Day

Kurz nach meinem ersten Einblick in das Judgement-System, fühle ich mich etwas an Danganronpa erinnert. Die Eliminierung ist weniger komisch gestaltet, aber es ist dasselbe komische Gefühl. Obwohl ich nur kurze Zeit mit den Charakteren verbracht habe, ist ihre Gesamtsituation ebenso bedauernswert. Sie sind, aufgrund des merkwürdigen Turmes, verwirrt und mit der Rettung der Welt beauftragt. The End verhöhnt sie dabei noch ständig mit der Gefahr von Verrätern und um ihn zu stoppen, muss am Ende eines jeden Stockwerks ein Opfer gebracht werden. Dabei ist mir persönlich jedes Opfer eines zu viel. Leider gibt es wirklich keine andere Option und die SEALED-Mitglieder rechtfertigen ihre Tat entweder mit Pflichtbewusstsein oder der Überzeugung, dass ihre Wahl den Verräter ausschaltet. Wer gewählt wird, wird von einem Zuneigungssystem bestimmt. Ihr wählt einzig und allein für euren Hauptcharakter. Ihr steht somit vor dem doppelten Problem, dass ihr jedes Stockwerk ein wichtiges Teammitglied töten müsst und ihr nicht einmal sicher sein könnt, ob der Verräter getötet wird. Ihr solltet euch sehr viel Mühe geben, den Verräter zu finden, denn sonst erwartet euch eine böse Überraschung.

Zwar ist im normalen Spiel der Verräter des ersten Stockwerks bereits festgelegt, aber ab dann wird die Sache kompliziert. Ihr erhaltet zwar nach jeder Mission ein Statement der Charaktere und auffällige sind rot markiert, aber der Vision-Bildschirm ist sehr unübersichtlich und auch das Zuordnen anhand der Stimme funktioniert nur halbwegs. Egal auf welche Weise ihr den Verräter erkennen wollt, ihr müsst verschiedene Teamkombinationen ausprobieren. Seit ihr euch sicher, könnt ihr mit „Deep Vision“ einen Blick in das Herze eures möglichen Verräters werfen und eure Vermutung bestätigen. Sollte er aber nicht der Verräter sein, so keine Panik, ihr könnt Deep Vision dreimal in einem Stockwerk benutzen. Nicht verwendete „Viual Points“ werden einfach auf das nächste Stockwerk übertragen.

Die Genialität dieses Systems wird nur noch vom Wahlsystem übertrumpft. Jeder Charakter wählt im Judgement Room für sich selbst. Diese Auswahl treffen sie anhand eurer Statements, wenn sie nach einer Mission nachfragen und anhand ihrer eigenen Zuneigung. Wie die Zuneigung gesteigert werden kann, wisst ihr schon. In der Lobby könnt ihr jederzeit auf eure Informationen zugreifen und das bisherige Abstimmungsergebnis sehen. Das ist aber nur vorläufig und kann sich noch unangenehm im Judgement Room verändern, aber auch nur soweit das Ergebnis sehr eng ist. Nehmt ihr einen Charakter lange genug nicht mit, so wird er recht schnell die erste Wahl der SEALED-Mitglieder sein.

Grinding oder nicht Grinding

Überraschenderweise ist Grinding kein Hauptaspekt des Spiels. Mit ausreichender Strategie, selbsthergestellter Ausrüstung, dem richtigen Team und dem Absolvieren aller Missionen könnt ihr die meisten Gegner in ein oder zwei Versuchen besiegen. Solltet ihr doch einmal an einem Gegner hängen, so könnt ihr aber einfach andere Missionen wiederholen. Mit steigendem Level erhaltet ihr auch Gift-Points, mit denen ihr euer eigenes Gift aufwerten könnt. Der Skillbaum verdient den Titel sogar. Er ist bei allen Charakteren vielschichtig und bietet unterschiedliche Herangehensweisen, sowie spezielle Fähigkeiten, die nur unter bestimmten Bedingungen erreichbar sind. Mir reicht schon das Skillsystem aus, um das Spiel mehrfach spielen zu wollen, weil die unterschiedlichen Optionen viele Strategien möglich machen und zum Experimentieren einladen.

Das Rätsel des Turms

Im Spiel bewegt ihr euch in einem Turm aufwärts. Dabei bietet jedes Stockwerk ein anderes Thema, so z.B. eine verlassene Stadt. Die Lobbys sehen sich zwar ähnlich, aber die unterschiedlichen Missionen, finden in verschiedenen Gebieten statt. In der verlassenen Stadt bedeutet dies z.B. enge Häuserschluchten oder eine Plaza. Dekoriert sind die Gebiete mit passenden Objekten, z.B. Straßenlaternen. Es sind eigentlich wenig Dekorationen vorhanden, aber doch so viele, dass ich ein nettes Ambiente für einen Überlebenskampf vorfinde, ohne dass die Objekte den Kampfverlauf groß stören würden. Ich bin gespannt, ob die weiteren Areale auch so unterschiedlich wie die ersten beiden Stockwerke sind.

Zwischenfazit: Lost Dimension hat mich von Anfang an mit interessanten Charakteren begeistert, insbesondere die Art und Weise, wie mit der Gesamtsituation umgegangen wird. Auch wenn ich noch wenig über die wahren Motive von The End erfahren habe, so zeichnen sich jetzt schon hinter dem Ende der Welt liegende Gründe an. Auch das vielfältige Skillsystem und das zufällige Wegfallen von Gegnern bietet viel Platz für Kreativität und Einschränkungen. Dieses Gesamtpaket, gepaart mit den Humanoiden und Mechanoiden als Gegnern, sowie der seltsam sterilen Umgebung, zeigen schon jetzt ein sehr gutes Spiel an. Sollte das Spiel in diesem Stil weitermachen, so ist es definitiv eines der besten Rollenspiele für die PS Vita.

Es ist vollbracht: nach ca. 28 Stunden ist die Welt gerettet. Habe ich ein gutes Gefühl dabei? Eher nicht; das Ende von The End hat bei mir einige Fragen hinterlassen. Um euch selbst ein Bild von der Rettung der Welt und den normalen Ende zu machen, müsst ihr zwischen 28 und 30 Stunden investieren. Ich konnte die letzte Schlacht gerade so gewinnen, obwohl ich zwischen den Stockwerken gegrindet habe. Dafür habe ich aber zwei Missionen am Ende liegen gelassen.

Verräter oder nicht Verräter

Die grundlegende Spielmechanik ist im ganzen Spiel gleich. Ihr müsst den Verräter erkennen. Es ist äußerst empfehlenswert alle Verräter auszuschalten. The End (Der Endgegner) wird diese sonst nämlich gegen euch einsetzen. Es gibt da aber ein Problem: Ihr müsst den Verräter überhaupt erkennen. Mit etwas Übung und Glück gelingt das auch relativ schnell. Im schlechtesten Fall solltet ihr die drei Verdächtigen herausgearbeitet haben. Da euch jedes Stockwerk drei Vision-Points gibt, könnt ihr sie einfach absuchen und töten. Da beginnt aber auch schon ein neues Problem: Im weiteren Verlauf des Spiels schließt nicht nur ihr Freundschaft mit den anderen Kämpfern. Je mehr die Charaktere miteinander arbeiten, desto besser verstehen sie sich und es wird schwieriger, sie gegeneinander auszuspielen. Möglicherweise ist da etwas Grinding ohne den Charakter nötig.

Mir persönlich fiel es mit weiterem Spielverlauf schwerer, meine Teammitglieder auszuschalten. Klingt erstmal rabiat, ist aber ein sehr wichtiges Ziel im Spiel. Einerseits sind sie Verräter, aber ich weiß kaum, warum sie mich verraten. Außerdem müssen sie selbst das oberste Stockwerk erreichen, also sind sie auch im Kampf kein Hindernis. Besonders schmerzhaft wird die Geschichte, wenn man anfängt, sich im Social Link-ähnlichem System an die Charaktere anzunähern. Jeder Charakter hat seine eigene Geschichte, die sein Verhalten mehr oder wenig erklären kann. Habt ihr die Verbindung maximiert, erhaltet ihr Dokumente und eine spezielle Szene für den Verräterfall. Außerdem bekommt ihr einen Giftpoint zum Leveln, wenn ihr die notwendige Charakterquest absolviert habt. Das ständige Sprechen mit den Charakteren ist zu Beginn etwas lästig, weil es viele sind. Die Aufgabe wird mit schrinkender Teamzahl aber deutlich angenehmer und mir gefällt der Hauch von Danganronpa, der mit dem Spiel mitschwingt.

 

Erbitterter Kampf

Sehr gut gestaltet, finde ich den Schwierigkeitsgrad. Es ist Lancrese sehr gut gelungen, eine gute Balance zwischen Anfang und Ende des Spiels zu finden. Der Schwierigkeitsgrad steigt graduell mit dem Erklimmen des Turms. Gerade das letzte Stockwerk verlangt eine optimale Ausnutzung der Gifts und des Teamworks. Schnell verwenden die Gegner ebenfalls starke Fähigkeiten und teilen damit ordentlich Schaden und Statusveränderungen aus. Letztere sind für Rollenspiele überraschend effektiv. Es sind also strategische Vor- bzw. Nachteile, die man unbedingt beherrschen muss.

Meine kurze Bemerkung zum Skillsystem aus der Vorschau kann ich nun auch erweitern. Das Skillsystem wirkt zu Beginn noch ziemlich überwältigend. Allerding wiederholen sich die Skills teilweise immer wieder wie z.B. Flächenschaden. Jedes Teammitglied hat drei unterschiedliche Fähigkeitsschwerpunkte. Im Endeffekt lohnt es sich in alle drei Punkte zu investieren, weil die Boni nicht nur skalieren, sondern auch bestimmte Fähigkeiten mal mehr und mal weniger Schaden verursacht. Das Herumexperimentieren liegt an einem selbst. Habt ihr alle Fähigkeiten einer Spezialisierung mit mindestens einem Punkt versehen, erhaltet ihr eine Bonusfähigkeit. Darunter können Buffs, Passive oder Offensive Fähigkeiten fallen. Eine ausgewogene Mischung von allen drei Fähigkeiten ist wohl am besten.

Der geheimnisvolle Turm

Ich habe es bereits in der Vorschau gesagt und wiederhole mich einfach. Der Turm ist merkwürdig. Die Designs der Gegner sind zwar recht unterschiedlich, aber die weniger maschinellen Gegner haben so einen leichten Hauch von Tron. Das passt sehr gut zum Spiel, weil die Gegner nur noch vom Turm selbst übertroffen werden. Die unterschiedlichen Stockwerke erfüllen dabei mehrere Zwecke sehr gut. Einerseits werden die verschiedenen Level nicht langweilig und die Spannungskurve der Geschichte kann am Design verdeutlicht werden. Andererseits wirkt der Turm damit viel irritierender und einschüchternder. Ich kann kaum sagen, was mich in den Leveln erwartet und jedes Leveldesign hat Folgen für die notwendige Strategie. Je mehr man von den Hintergründen der Welt, des Turms und der SEALED-Mitglieder erfährt umso unangenehmer wir die Welt.

New Game +

Auch der New Game Plus-Modus soll hier einmal kurz Erwähnung finden. Meine Charaktere waren ca. Stufe 36 und ich habe beim Neustart 22 Giftpoints für jeden erhalten. Das gibt einen gewaltigen Boost, der die Missionen recht einfach machen würde, wenn da nicht zwei Hindernisse entgegenstehen würden: Das erste Hindernis ist der Startlevel eurer Charaktere. Mit Level sechs sind die GP meiner Charaktere noch zu niedrig, um die verheerendsten Angriffe zu entfesseln. Das größte Problem sind aber offensichtlich neue Missionen, die einen höheren Schwierigkeitsgrad haben als eigentlich für das Gebiet vorgesehen ist. Ich glaube, auch mein zweiter Durchgang wird nicht langweilig werden.

Fazit: Lost Dimension ist für mich eines der besten Rollenspiele für die PS Vita. Schon die Langzeitmotivation ist durch die zufälligen Verräter und die sich damit stetig ändernde Spieldynamik gegeben. Auch das strategische Kampfsystem, was mir aufgrund seiner Ähnlichkeit zu Valkyria Chronicles 2 von Anfang an sehr gefallen hat, profitiert vom Zufallsystem. Statt sich immer auf ein Team verlassen zu können, müsst ihr verschiedene Strategien für die Stärken bzw. Schwächen der Teammitglieder entwickeln. Diese Aufgabe wird definitiv nicht einfacher, wenn man die verschiedenen Gegner und deren Fähigkeiten dazurechnet. Bemerkenswert ist es aber, wie hier gut die Balance gehalten wurde, so dass das Spiel nicht frustrierend wird. Aber auch Spürhunde können sich auf die vielen kleinen Hinweise und versteckten Dokumente freuen. Diese bringen der Welt von Lost Dimension eine angenehme Tiefe, die auch das Interagieren mit den anderen Kämpfern begleitet. Insgesamt ist das Spiel ein sehr gelungenes Zusammenspiel von Rätsel-, Strategie– und Rollenspielelementen und das in einem für einen Dungeon Crawler überraschend „lebhaften“ Universum.

Ich kann Lost Dimension uneingeschränkt jedem Spieler ans Herz legen, der in irgendeiner Art und Weise auf der Suche nach einer guten, dynamischen Geschichte und einer exzellenter Spielmechanik ist.

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