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Test – Amnesia: Memories

2
Positiv
82% - 90%

Unser erster Eindruck war

Unsere Bewertung

22.09.2015 – Test

Heute begebe ich mich zum ersten Mal richtig in die Welt der Otome-Spiele. Hatoful Boyfriend ist zwar auch ein solches Spiel, aber mehr Humor als richtig ernst gemeint. Mit der Visual Novel von Idea Factory kann ich mich also nun direkt in Neuland begeben. Ob ihr eure Erinnerung zum Spiel zurückerlangen solltet, erfahrt ihr in der Vorschau.

Reise in unterschiedliche Welten

Euer Spiel beginnt einmal mehr mit Amnesie. Beim Spieletitel auch nicht überraschend und ausnahmsweise einmal originell umgesetzt. Der Grund für eure gewaltigen Erinnerungslücken ist Orion. Dieser Geist ist auf merkwürdige Weise mit euch zusammengestoßen und nun blockiert der sehr gesprächsame Orion eure Erinnerungen. Erlangt ihr die Erinnerungen zurück, wird Orion nach und nach aus eurem Gedächtnis verdrängt. Deshalb macht ihr euch gemeinsam auf den Weg eure verlorenen Erinnerungen zurückzugewinnen. Dummerweise hat euch das Treffen auch aus eurer Welt heraus gedrückt und ihr müsst euch für eine Welt entscheiden. In der gerade von mir erfundenen Skala für gute Erklärungen für unterschiedliche Routen bekommt Amnesia volle Punktzahl. Alle Parallelwelten sind grundsätzlich gleich aufgebaut und ihr trefft auf dieselben Charaktere, aber alle haben mal mehr Mal weniger abweichende Beziehungen zueinander. In jeder der vier Welten gilt es einen der männlichen Charaktere zu erobern. Das absolvieren einer Route dauert etwa fünf Stunden, wenn ihr den Text nicht überspringt, wobei die schlechten Endings etwas kürzer sind. Ich habe mich nach drei Versuchen endlich bis zum guten Ending von Ikki vorgearbeitet.

Ab ins Krankenhaus!

Ehrlich gesagt gehört mein Hauptcharakter ins Krankenhaus oder in die Psychiatrie, zumindest aus der Sicht eines Dritten. Euer Hauptcharakter ist nach dem „Unfall“ kaum noch am Geschehen beteiligt, zumindest stimmlich. Orion hingegen ist der Quasi-Erzähler der Geschichte. Er kommentiert das Verhalten der verschiedenen Charaktere und versucht euch seine Ideen eines „normalen“ Verhaltens näher zu bringen. Seine Kommentare wechseln zwischen Irritation wegen des Verhaltens einiger Charaktere, kindlichem Spaß und Humor und Besorgnis über die Situation des Hauptcharakters. Primär ist sein Charakter aber kindlich und wechselt daher auch schnell hin und her. Je mehr Erinnerungen eure Heldin zurück gewinnt, desto aktiver wird sie und beginnt ihren eigenen Charakter wieder auszuprägen. Insoweit seit ihr also nur ein Zwischencharakter, der mal etwas mehr und mal etwas weniger vom Original ausweicht. Ihr könnt also gleichzeitig von drei Charakteren eine Entwicklung betrachten. Einerseits seht ihr, wie sich die Heldin mit wachsender Zahl eigener Erinnerungen entwickelt und wie die ihr bekannten Hauptcharaktere und insbesondere euer primäres romantisches Ziel auf euer Verhalten reagieren und im Besten Fall offener und ehrlicher mit euch umgehen. Auch Orion selbst verändert sich im Laufe einer Route. Er freundet sich mit der Heldin an und wird mit wachsender Erinnerungszahl und damit stetiger Trennung von euch deprimierter.

Wenn man sich auf die teilweise übernatürlichen Grundstrukturen der Welt einlässt, finde ich, dass die Charaktere alle realistisch geschrieben sind. Es fällt relativ einfach sich in die Situation der Heldin hineinzuversetzen. Die Vorstellung alle Erinnerungen zu verlieren ist mehr als erschreckend und wird sehr realistisch umgesetzt. Die Heldin hat nur solche Erinnerungen, die von Instinkten oder den standardmäßigen sozialen Normen geboten sind. Während der Umgang mit den „unbekannten“ Charakteren somit für den Spieler und die Heldin noch recht ungewöhnlich ist, wärmt man im weiteren Spielverlauf mit ihnen auf und kann sich auch sehr gut in deren Probleme hinein versetzen. Ich hoffe, dass dieser Eindruck sich auch im weiteren Spiel bestätigt, weil dies unerlässlich für eine gute Visual Nocel ist und Amnesia: Memories bisher in diese Richtung sehr vielversprechend ist.

So viele Endings

Wie bereits erwähnt hat das Spiel für jede Welt mindestens drei Endings und zwar ein gutes, ein normales und ein schlechtes Ende. Wer nicht ganz blind ist, der wird relativ schnell bemerken, dass es auch eine fünfte aber versteckte Welt gibt. So viel zu den Geschichten, weil alles andere Spoiler wären. Das Spielsystem ist für eingefleischte Visual Novel-Spieler ein leichtes. Wie immer gilt es viel zu lesen und an bestimmten Stellen Entscheidungen treffen. Ein Vorteil ist, dass ihr jederzeit zwischenspeichern könnt und dass einmal gewählte Entscheidungen dauerhaft grün dargestellt werden. Ihr könnt damit immer sehen welche Wege ihr schon gegangen seid. Das hilft insbesondere beim erneuten Spielen der Welt, um alle Dialoge und Endings zu sehen. Der gesamte Text ist in Englisch gehalten. Der Text ist auch bis auf ein paar Stellen gut verständlich für Spieler, die eher schlecht in Englisch sind. Meistens lassen sich die Wortbedeutungen auch aus dem Textzusammenhang erkennen.

Viel kann ich bisher nicht zu den eigentlichen Routen sagen. Aber auf der Grundlage von einem schlechten, normalen und einem guten Ending von Ikki erlaube ich mir eine Einschätzung. Die Geschichten sind sehr interessant gestaltet und auch von meiner eher eingeschränkten Sichtweise definitiv romanisch. Die drei unterschiedlichen Endings haben mir sehr gefallen, auch wenn das Spiel definitiv nicht vor düsteren Themen zurückschreckt. Ihr kämpft zumeist mit doppelter Belastung. Einerseits könnt ihr niemandem richtig vertrauen, aber andererseits darf euer Freund keinen Verdacht schöpfen. Das macht es manchmal Schwierigkeiten die richtige Entscheidung zu treffen, aber umso schöner, wenn ihr stückchenweise eure Erinnerungen zurück bekommt. Wichtig ist, immer die drei Parameter Vertrauen, Zuneigung und Verdacht im Auge zu behalten. Nur wenn ihr alle drei Balken im für die Route optimalen Bereich halten könnt, bekommt ihr das gute Ende zu sehen.

Tolles Design

Was mir sehr gut gefallen hat, ist die grafische Gestaltung des Spiels. Die Hintergründe und die Galeriebilder sind gut gelungen und bieten einem sehr realistischen Flair. Passend dazu legt sich eine angenehme Musik in den Hintergrund, die nur an bestimmten Stellen in den Vordergrund tritt und hektisch wird. Sonst ist die Grafik und die Musik mehr als gelassen. Sie verbreitet sogar Ruhe.

Die Herren im Spiel sind ebenfalls sehr gut gestaltet, natürlich sehen sie auch dabei recht gut aus. Teilweise könnten sie eins zu eins aus Shoujo-Mangas stammen. Jeder der Charaktere orientiert sich an einem gewissen Grundtyp. Dennoch hat jeder Charakter seinen eigenen Charme und auch eine eigene Hintergrundgeschichte, die sein Verhalten und seine Marotten erklären können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass da für jeden gesuchten Typ was dabei ist.

Zwischenfazit: Ich bin gespannt, ob die anderen Routen ebenfalls so interessant gestaltet sind und die etwas merkwürdige Story in dieser Kombination aus Humor und Ernst weitergeht. Trotz allem Humor bleibt die Geschichte aber romantisch genug, um nicht lächerlich zu werden. Meine Tendenz ist bisher sogar sehr positiv.

Nach einiger Arbeit habe ich endlich alle guten Enden von Memories durch. Auf meinem Weg bin ich auch noch einigen normalen und schlechten Enden in die Arme gelaufen. Mit 48 Stunden Spielzeit im Schlepptau wage ich mich also nun daran, das Abenteuer in seiner ganzen Fülle zu bewerten, auch wenn noch ein paar Enden fehlen.

Zeitvertreib

Als erstes möchte ich auf die beiden Minispiele eingehen. In Amnesia: Memories könnt ihr zwei unterschiedliche, kleinere Spiele mit den Hauptcharakteren der Welten spielen. Entweder Stein-Schere-Papier oder Airhockey. Beide Spiele sind sehr gut umgesetzt und schöne kleine Auflockerungen zwischen den Routen. Ich habe mich sogar ein oder zweimal erwischt das Spiel nur wegen Airhockey zu starten. Aber zurück zum Visual Novel-Teii.

Die fünf Welten

Die fünf unterschiedlichen Welten, eine erhaltet ihr erst, wenn ihr die vier anderen guten Endings gesehen habt, sind alle gleich aber anders. Zwar ist das Grundkonzept auch in der fünften Welt identisch, aber die unterschiedlichen Aspekte sind sehr gut umgesetzt worden. Die verschiedenen Beziehungen der Charaktere untereinander sind sehr dynamisch gestaltet und zeugen von einem interessanten Weltaufbau. Am wahrscheinlichsten ist es wohl, dass sich die vielen Welten erst spät gebildet haben und lange einer „Hauptwelt“ gefolgt sind. Die Änderungen sind aber relevant genug, um von vier unterschiedlichen Welten zu sprechen. Jeder andere besuchte Stadtteil und jedes Stück aus eurer Vergangenheit was sich von anderen Welten unterscheidet, bringt mehr Leben in die Welten und hilft dabei jeder Welt ein eigenes Leben einzuhauchen.

Romantisch, komisch, tragisch …

Großartig hat sicher der Eindruck zu den Geschichten nicht verändert. Jede Geschichte besteht auch einem Hauptstrang und mehreren kleineren Begebenheiten, die sich nebenher abspielen. Diese kleinen Nebengeschichten geben der Welt etwas mehr Realität, weil sich nicht alles um die eigene Beziehung dreht. Ich muss insoweit vorwarnen, dass Memories nicht gerade zimperlich mit bestimmten Themen umgeht und diese auch recht offen behandelt. Ich werde auf Spoiler verzichten und es dabei belassen.

Die Geschichten verfolgen einen typischen Aufbau eines Drama. Ich spare mir jetzt die Nennung der typischen Akteinteilung und erlasse euch eine nette Schulstunde. Dieses mehr oder weniger anerkannte Regeldrama hat seine Vorteile. So verhalten sich alle Geschichten nach demselben Grundschema ohne aber repetitiv zu werden. Nach einer mal längeren und mal kürzeren Eingewöhnungsphase für die Heldin, bewegt ihr euch mit schnellen Schritten auf die Katastrophe der einzelnen Welten zu. Die Spannung wird dabei optimal aufgebaut und gehalten. Die mit der Welt verbundene Katastrophe lädt sogar zum Miträtseln ein, so ergibt sich der Sinn einiger Situationen erst zum Ende. Wer also gerne knobelt und kombiniert, der wird hier auch ein paar nette Rätsel finden. Alle Endings bieten eine kleine Nachgeschichte, die den weiteren Beziehungsverlauf darstellt, eine zusätzliche Szene und Bilder, die vielleicht den einen oder anderen Kommentar des Charakters beinhalten. Insgesamt finde ich die Geschichte sehr gut gelungen und alle fünf Welten überzeugen mit guten Ideen und einer guten Umsetzung.

Fünf eigenwillige Hauptcharaktere

Zum Schluss möchte ich noch ein paar Worte zu den fünf Helden verlieren. Nachdem ich nun alle in ihren „Hauptrollen“ kennengelernt habe, kann ich sie etwas besser beurteilen als zuvor. Ich könnte theoretisch auch einiges zu den Nebencharakteren sagen, weil sie auch in allen Welten vorkommen und recht interessante Menschen sind, aber als Hauptcharaktere haben diese eine etwas höher gestellte Position. Entscheidend für die Qualität der Routen ist, inwieweit man sich selbst in die Charaktere hineinversetzen kann und wie gut ihre Handlungen daran orientiert sind. Das ist den Entwicklern auf interessante Weise gelungen. Passend zu den verschiedenen Charakteren, ist es teilweise einfacher und teilweise schwerer die Charaktere zu verstehen. Beides hat seine Vorteile. Je später ihr über die wahren Motive erfahrt, desto verwirrter seid ihr und je früher ihr davon erfahrt desto eher überseht ihr Inhalte, weil ihr euch an einen Hinweis klammert. Das Ergebnis ist meistens eine gut gelungene Verwirrtheit des Spielers, genau wie die Heldin über die fehlenden Erinnerungen verwirrt ist. Auch wenn die Charaktere teilweise recht starke Persönlichkeiten haben, so sind sie, wie vermutet, an Klischees orientiert. Von daher kann ich bei meinem Statement bleiben, dass wohl jeder Spieler zumindest einen ansprechenden Charakter. Finden wird. Alleine ihr psychischer Zustand bleibt negativ – im doppelten Sinn. Ihre persönlichen Probleme und Erfahrungen werden zwar sehr gut dargestellt, aber einige der Helden, bräuchten eine Therapie.

Fazit: Amnesia’s Geschichte ist meines Erachtens nach eine sehr gute Mischung von verschiedenen Faktoren. Während die Romantik und die Komik in allen Geschichten schon von Anfang immer dabei sind, ändert sich das Spielerlebnis je nachdem in welcher Reihe ihr die unterschiedlichen Welten spielt. Von Anfang hat mir dieses Konzept sehr gut gefallen und mit einer Mischung aus einer Fantasiewelt und der Realität eine sehr interessante Kulisse geboten. Insbesondere gut umgesetzt finde ich aber die Charaktere. Wie bereits in der Vorschau festgestellt, sind alle Charaktere gut umgesetzt. Das gilt sogar für Nebencharaktere. Durch die eigenen Probleme und die Unterhaltungen untereinander ist die Welt realistisch umgesetzt und ich konnte mich meistens gut in die verschiedenen Charaktere hineinversetzen. Neben der interessanten Geschichte und den meist nachvollziehbaren Charakteren zeugen die vielen schönen Hintergründe von viel Kreativität und einem Sinn für den „richtigen“ Moment.

Amnesia: Memories ist definitiv ein Muss für alle Fans von Otome-Spielen. Aber auch Liebhaber des Visual Novel-Genres werden hier sicherlich auf ihre Kosten kommen.

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2 Comments
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10. Oktober 2016 14:56

Oha. Von dem Spiel gibt es ja nicht viele deutschsprachige Tests. Alle Achtung, hast es ja anscheinend wirklich gespielt. Für mich ist dieses Spielprinzip nichts. Ich hab nach 30 Minuten aufgehört.

Admin
10. Oktober 2016 20:58
Reply to  Ferengi

Visual Novels ist ein Nischengenre, keine Frage. Ich hatte zuerst mit Danganronpa angefangen, das nicht ganz so trocken ist. Das schon mal ausprobiert?